Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG)

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Das Gesetz zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken (Netzwerkdurchsetzungsgesetz – NetzDG) ist seit seiner Verabschiedung im deutschen Bundestag am 01.09.2017 in aller Munde.
In diesem Artikel werde ich es ein wenig durchleuchten und versuchen abzuleiten, was es im Allgemeinen für Implikationen hat und was es insbesondere für die sozialen Netzwerke bedeutet.

Vorüberlegungen

Zunächst fällt auf, dass die Abkürzung “Netzwerkdurchsetzungsgesetz” bereits sehr unglücklich gewählt wurde. Es geht nämlich nicht um die Durchsetzung von sozialen Netzwerken, sondern um die Durchsetzung von Rechtsvorschriften in den sozialen Netzwerken. Und damit gleich zur ersten Frage in diesem Zusammenhang: Konnte sich denn bislang deutsches Recht, insbesondere die in diesem Gesetz explizit genannten Vorschriften des StGB nicht auch ohne dieses Gesetz durchsetzen? Oder: Wozu braucht man ein Gesetz, um andere Gesetze durchzusetzen?

Von der Eingliederung in die deutsche Rechtsordnung her, würde ich das NetzDG primär in den Bereich des Öffentlichen Rechts, genauer genommen ins Strafrecht einordnen, denn es geht um das Verhältnis des Staates zu privaten Unternehmen (die Betreiber der sozialen Netzwerke) und dort genauer um die Möglichkeit des Staates, bestimmte Verhaltensweisen zu sanktionieren.

Es fällt bei einem ersten Überblick über das NetzDG auf, dass es auf 3,5 gedruckte DIN-A4 Seiten passt und mit gerade einmal sechs Paragraphen ungewöhnlich kurz ist. Ob und inwieweit dies die Qualität des Gesetzes beeinträchtigt wird im weiteren zu beurteilen sein.

Da das Gesetz so kurz ist, bietet es sich regelrecht an, die Paragraphen einzeln zu kommentieren (sogar teilweise zu zitieren). Danach werde ich ein Resumé ziehen und weitere Gedanken zu möglichen Auswirkungen niederschreiben.

§ 1 Anwendungsbereich

In Gesetzestexten ist es üblich, bestimmte Begriffe zu definieren, damit es keine Missverständnisse über deren Bedeutung gibt. Dies nennt man im Fachjargon Legaldefinitionen. Werden diese Definitionen an anderer Stelle – im gleichen oder einem anderen – Gesetz verwendet, so verweist man auf diese Legaldefinitionen.

In § 1 Absatz 1 Satz 1 NetzDG wird der Begriff “Telemediendiensteanbieter” verwendet. Ein Begriff, der in § 2 Nr. 1 TMG legaldefiniert wird. Ein entsprechender Verweis darauf wurde unterlassen. Das ist jetzt nicht kriegsentscheidend, aber ein Patzer, der eigentlich vermeidbar gewesen wäre. ;-)
Jedenfalls enthält dieser Satz die Legaldefinition für soziale Netzwerke: “Plattformen im Internet, die dazu bestimmt sind, dass Nutzer beliebige Inhalte mit anderen Nutzern teilen oder der Öffentlichkeit zugänglich machen”.
Streng genommen ist diese Definition nicht ganz korrekt, zumindest unscharf. Richtigerweise hätte am Ende des Satzes noch ein “können” hingehört. Ein Nutzer kann beispielsweise seine Inhalte nur sich selbst oder nur einzelnen Personen zugänglich machen. In einem solchen Fall sind die Inhalte jedoch privater Natur und eine Kontrolle durch den Staat nicht angemessen.

§ 1 Absatz 1 Sätze 2 und 3 enthalten Ausnahmen, wann eine Internetseite nicht als soziales Netzwerk im Sinne des NetzDG gesehen wird:

  1. “Plattformen mit journalistisch-redaktionell gestalteten Angeboten, die vom Diensteanbieter selbst verantwortet werden”
  2. “Plattformen, die zur Individualkommunikation oder zur Verbreitung von spezifischer Inhalte bestimmt sind”

Mit dem ersten Fall dürften wohl die Seiten von Medien, wie Tageszeitungen oder Rundfunkanstalten gemeint sein. Im zweiten Fall dürften Unternehmenswebseiten ebenso wie die Seiten von politischen Parteien, als auf Blogs darunter fallen. Interessant dabei ist jedoch, dass all diese Seiten in der Regel eine Kommentarfunktion haben und damit doch wieder ähnlich den sozialen Netzwerken “Nutzer beliebige Inhalte mit anderen Nutzern teilen oder der Öffentlichkeit zugänglich machen”.

§ 1 Absatz 2 NetzDG schränkt die Anwendbarkeit des NetzDG auf soziale Netzwerke ein, die über zwei Millionen Nutzer in Deutschland haben. Bei der Höhe der zu verhängenden Bußgelder (sehen wir später in § 4 NetzDG) wäre es wohl auch schwierig, diese bei kleinen Betreibern von sozialen Netzwerken einzutreiben. Von daher für diese Betreiber eine gute Nachricht.

Schliesslich wird in § 1 Absatz 3 NetzDG definiert, was unter “rechtswidrige Inhalte im Sinne des Absatzes 1” des NetzDG verstanden wird. Es werden eine Reihe von Vorschriften des StGB aufgeführt, die ich in der folgenden Tabelle samt kurzer Erklärung zusammengefasst habe.

ParagraphTitel
§ 86Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen
§ 86aVerwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen
§ 89aVorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat
§ 91Anleitung zur Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat
§ 100aLandesverräterische Fälschung
§ 111Öffentliche Aufforderung zu Straftaten
§ 126Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten
§ 129 - 129bBildung krimineller Vereinigungen,
Bildung terroristischer Vereinigungen,
Kriminelle und terroristische Vereinigungen im Ausland; Einziehung
§ 130Volksverhetzung
§ 131Gewaltdarstellung
§ 140Belohnung und Billigung von Straftaten
§ 166Beschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen
§ 184b i.V.m. § 184dVerbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornographischer Schriften, Zugänglichmachen pornographischer Inhalte mittels Rundfunk oder Telemedien;
Abruf kinder- und jugendpornographischer Inhalte mittels Telemedien
§ 185 - 187Beleidigung,
Üble Nachrede,
Verleumdung
§ 201aVerletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen
§ 241Bedrohung
§ 269Fälschung beweiserheblicher Daten

Wenn man sich diese Auflistung so ansieht, ist der erste Gedanke: “Ja sicher, natürlich sollte man solche Inhalte nicht ungestraft in einem sozialen Netzwerk veröffentlichen und der Staat sollte dagegen vorgehen, wenn es doch getan wird.”.

Doch sehen wir uns in den weiteren Paragraphen an, wie ein Verstoß gegen diese Vorschriften überhaupt festgestellt und wie im Falle eines solchen Verstoßes vorgegangen werden soll.

§ 2 Berichtspflicht

Den ersten Satz des ersten Absatzes zitiere ich zunächst in einer leicht verkürzten Fassung:
“Anbieter sozialer Netzwerke, die im Kalenderjahr mehr als 100 Beschwerden über rechtswidrige Inhalte erhalten, sind verplichtet, einen deutschsprachigen Bericht über den Umgang mit den Beschwerden über rechtswidrige Inhalte auf ihren Plattformen … zu veröffentlichen.”
Was fällt als allererstes an dieser Forderung auf? Nun, die meisten Anbieter sozialer Netzwerke, die unter den Geltungsbereich des NetzDG fallen, sitzen im Ausland. Und dennoch fordert der deutsche Gesetzgeber, einen Bericht in deutscher Sprache. Das führt zu weiteren Fragen des Geltungsbereichs, die ich selbst ohne eingehende Recherche in einer juristischen Bibliothek nicht beantworten kann: Inwieweit kann das NetzDG überhaupt auf Unternehmen, die ihren Sitz nicht in Deutschland haben, angewandt werden? Gibt es dazu bereits Regelungen in anderen Gesetzen? Im Zivilrecht gibt es solche Regelungen, für die Fälle mit Auslandsbezug, spezielle Vorschriften im EGBGB. Dort kann man bei Bedarf nachsehen, ob für einen bestimmten Fall die Vorschriften des BGB oder diejenigen des Landes gelten, welches mit dem Fall in Bezug steht. Es würde mich daher selbst interessieren, inwieweit ein deutsches NetzDG für ausländische Unternehmen rechtlich verbindlich ist.

Das größte Problem, dass ich in diesem Zusammenhang sehe, sind die Beschwerden. Von wem sollen solche Beschwerden eingereicht werden und wie ist gewährleistet, dass diese Beschwerden auch begründet sind? Wer prüft, ob es sich tatsächlich um rechtswidrige Inhalte gemäß § 1 II NetzDG handelt? Üblicherweise wird das Vorliegen eines Tatbestandes in den Fällen der Vorschriften, die in § 1 Absatz 3 NetzDG genannt sind, von einem Gericht geprüft. Und ein solches Gerichtsverfahren kann teilweise einige Monate in Anspruch nehmen bis ein Urteil gefällt wird. Und selbst danach sind noch Rechtsmittel zulässig, die das Verfahren in die Länge ziehen können. Doch laut dem NetzDG soll der Nutzer eines sozialen Netzwerks, der in der Regel über keine juristische Ausbildung verfügt, in der Lage sein, die Erfüllung eines Tatbestandes einwandfrei feststellen zu können und das soziale Netzwerk bzw. die Angestellten des jeweiligen Konzerns binnen sieben Tagen die Rechtmäßigkeit dieser Beschwerde bestätigen (oder wiederlegen). Das finde ich zumindest ein schwieriges, wenn nicht sogar ein unmögliches Unterfangen.

In § 2 Absatz 1 Satz 2 wird festgelegt, dass diese zu erstellenden Berichte sowohl im Bundesanzeiger, als auch auf der eigenen Homepage zu veröffentlichen sind. Auch da ist wieder die Frage, inwieweit so etwas für ausländische Firmen ein praktikabler Weg ist. Ist dies mittlerweile internationalisiert worden? Früher war der Bundesanzeiger eher ein bundesinternes Veröffentlichungsmedium.
Nach meinen eigenen Recherchen auf den Seiten des Bundesanzeigers konnte ich nur feststellen, dass es auch ein Unternehmensregister gibt und darin auch europäische Unternehmen enthalten sind. Aber, ob dies die richtige Stelle für die vom NetzDG geforderte Veröffentlichung darstellt, müsste noch im einzelnen geprüft werden.

§ 2 Absatz 2 NetzDG enthält Einzelheiten zu der Form des Berichts. Und hier steht nun explizit drin, dass Beschwerden sowohl von Nutzern, als auch von Beschwerdestellen eingereicht werden können (§ 2 Absatz 2 Satz 3). Im weiteren Verlauf des Gesetzestextes ist jedoch kein Hinweis darauf zu finden, welche Art von Organisation als eine Beschwerdestelle in Frage kommt.

§ 3 Umgang mit Beschwerden über rechtswidrige Inhalte

§ 3 Absatz 1 NetzDG bestimmt die Pflicht, ein “wirksames und transparentes” Verfahren zur Übermittlung von Beschwerden zur Verfügung zu stellen. Den zweiten Satz erlaube ich mir etwas umgangssprachlicher zu formulieren: Auf der Seite des sozialen Netzwerks soll es einen Button geben, über den man zu einem Formular gelangt, um eine Beschwerde gegen einen Inhalt an die Betreiber zu richten.
Wie so ein Verfahren nach Absatz 1 zu gestalten ist, erfährt man in den Absätzen 2 und 3.
Nach § 3 Absatz 2 NetzDG muss das – in Absatz 1 genannte – Verfahren gewährleisten, dass der Anbieter des sozialen Netzwerks
– unverzüglich von der Beschwerde Kenntnis nimmt und prüft, ob der in der Beschwerde gemeldete Inhalt rechtswidrig und zu entfernen oder der Zugang zu ihm zu sperren ist.
– einen offensichtlich rechtswidrigen Inhalt innerhalb von 24 Stunden nach Eingang der Beschwerde entfernt oder den Zugang zu ihm sperrt (Ausnahme: wenn das soziale Netzwerk mit der zuständigen Strafverfolgungsbehörde einen längeren Zeitraum für die Löschung oder Sperrung vereinbart hat).
– jeden rechtswidrigen Inhalt unverzüglich, in der Regel innerhalb von sieben Tagen nach Eingang der Beschwerde entfernt oder den Zugang zu ihm sperrt (Auch hierzu gibt es Ausnahmen).
– im Falle der Entfernung den Inhalt zu Beweiszwecken sichert und ihn für 10 Wochen speichert.
– den Beschwerdeführer und den Nutzer über jede Entscheidung unverzüglich informiert und seine Entscheidung ihnen gegenüber begründet.

Ich habe den Inhalt teilweise vom originalen Gesetzestext gekürzt wiedergegeben. Dieser Absatz bereitet mir persönlich am meisten Kopfzerbrechen. Ich werde meine Kommentare allerdings erst weiter unten in der Zusammenfassung niederschreiben.

In den weiteren Absätzen geht es um die Einrichtung der Regulierten Selbstregulierung. Zum Begriff der Regulierten Selbstregulierung verweise ich auf diesen Wikipedia Eintrag und finde es sehr bedenklich, dass bei der teilweisen Schwere der Rechtsverletzungen in den betroffenen StGB Vorschriften überhaupt ein solcher Weg in Erwägung gezogen wird. Meines Erachtens sollten hier die Gerichte entscheiden.

Interessante Lektüre zu diesem Thema ist die Bundestagsdrucksache 18/7786, weil es einige Rückschlüsse über die Intentionen des Gesetzgebers zulässt.

§ 4 Bußgeldvorschriften

§ 4 Absatz 1 enthält einen Katalog von Handlungen, gegen deren vorsätzlichen oder fahrlässigen Verstoß eine Ordnungwidrigkeit darstellt. Weiter bestimmt der Absatz 2 das Strafmaß und Absatz 3 den Geltungsbereich des NetzDG (nämlich, dass es auch im Ausland anwendbar ist!). In Absatz 4 wird das Justizministerium als Verwaltungsbehörde im Sinne des NetzDG bestimmt und Absatz 5 legt fest, dass bei einem Einspruch gegen den Bußgeldbescheid eine gerichtliche Entscheidung erforderlich ist.

Generell werden Ordnungswidrigkeiten durch die Vorschriften des OWiG geahndet, sofern es kein spezielleres Gesetz gibt, wie z.B. die StVO. Allerdings ist die Höhe der Geldbuße nach § 17 OWiG Höchstens 1000 EUR, in speziellen Fällen das Doppelte (ganz selten mehr!). Das NetzDG enthält hingegen eine Bußgeldhöhe, die weit über diesen Rahmen hinausgeht. Ich würde dahingehend gerne wissen, ob eine derartige Abweichung vom OWIG tatsächlich statthaft ist.

§ 5 Inländischer Zustellungsbevollmächtigter

Die betroffenen sozialen Netzwerke haben einen inländischen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen, der sowohl für das Justizministerium (Absatz 1), als auch für die deutschen Gerichte (Absatz 2) amtliche Dokumente rechtlich verbindlich entgegennehmen soll.

§ 6 Übergangsvorschriften

Nach § 6 Absatz 1 wird der Bericht erstmals für das erste Halbjahr 2018 fällig. Und laut Absatz 2 müssen die Verfahren nach § 3 NetzDG innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten des NetzDG eingeführt sein. Dieser Absatz ist wahrscheinlich der Grund, warum zum 01.01.2018 nahezu alle Medien fälschlich berichtet haben, dass das NetzDG zu diesem Stichtag in Kraft getreten ist. Richtigerweise ist das Gesetz allerdings bereits zum 01.10.2017 in Kraft getreten. Allerdings mussten erst ab dem 01.01.2018 die Verfahren eingeführt worden sein.

Fazit

Zusammenfassend möchte ich noch ein paar eigene Gedanken zu diesem Gesetz in Worte fassen. Da ich schon zu einigen Passagen meine Bewertung abgegeben habe und die eher negativ gewesen sind, will ich hier zunächst mit den positiven Aspekten anfangen.

Im Vorfeld hatte ich aus den Medien und sozialen Netzwerken schon viel vom Netzwerkdurchsetzungsgesetz gehört und gelesen. Und ich muss zugeben, dass die Meinungen überwiegend negativ waren. Viele Aussagen hatten mich schockiert, so dass ich mit einem sehr miesen Gefühl an die Lektüre des Gesetzestextes herangegangen bin. Glücklicherweise haben sich manche Aussagen nicht bewahrheitet. So steht z.B. nirgends im Gesetzeswortlaut etwas von Hass oder Hetze. Es hätte mich schon interessiert, wie man solche Begriffe eindeutig definieren könnte, um daraus einen Straftatbestand abzuleiten.

Positiv empfinde ich auch die Einschränkung auf große soziale Netzwerke mit mehr als zwei Millionen Nutzern. Es gibt genügend kleinere, von Privatpersonen geführte soziale Netzwerke, für die die geforderten Verfahren ziemlich schwierig umzusetzen gewesen wären.

Auf der Negativseite habe ich leider ein paar mehr Anmerkungen zu machen:

1. Es haben sich für mich generell einige Ungereimtheiten ergeben. Warum wird nicht unmissverständlich gesagt, wer oder was eine Beschwerdestelle ist? Wieso braucht es überhaupt dieses Gesetz, um bereits bestehende gesetzliche Vorschriften des StGB durchzusetzen? Wieso wird der Bericht gemäß § 6 Absatz 1 NetzDG erstmals für das erste Halbjahr 2018 fällig, wenn laut § 2 Absatz 1 Satz 1 NetzDG die Berichtspflicht erst dann entsteht, wenn im Kalenderjahr mehr als 100 Beschwerden über rechtswidrige Inhalte bestehen müssen?

2. Ich kann mich dem Gefühl nicht erwehren, dass hier das Gewaltenteilungsprinzip verletzt wird. Ob eine der Straftatbestände der in § 1 Absatz 3 NetzDG genannten Vorschriften des StGB vorliegen, ist Sache der Judikative. Es kann daher nicht sein, dass ein Nutzer eines sozialen Netzwerks die juristische Subsumtion erfolgreich durchführt, den Inhalt eines Post als Beschwerdeführer meldet und dann weiter von juristischen Laien geprüft und geahndet wird (durch Löschung oder Deaktivierung des Beitrags). Auch wenn die Möglichkeit besteht, im Zweifelsfall juristischen Beistand heranzuziehen, so wäre dies mit nicht unerheblichen Kosten verbunden, die aller Wahrscheinlichkeit nach auf den Anbieter des sozialen Netzwerks fallen werden. Ist es da nicht zu befürchten, dass dieser unter diesen Umständen die Kosten scheuen und eigenmächtig entscheiden wird? Auch wenn der betroffene Nutzer das Recht auf einen Einspruch und gerichtliche Prüfung hat, wieviele Menschen werden tatsächlich diesen Weg gehen, da diese auch wiederum mit Kosten für das gerichtliche Verfahren verbunden ist?

3. § 4 Absatz 3 NetzDG besagt, dass das Gesetz auch für Ordnungswidrigkeiten gilt, die nicht im Inland begangen werden. Da sehe ich ähnliche Probleme, wie im Fall des Geltungsbereichs des Bundesdatenschutzgesetzes.

4. Und schließlich sehe ich auch ein moralisches Dilemma in diesem Gesetz, nämlich die Förderung des Denunziantentums, was historisch in Deutschland schon einmal recht unangenehme Folgen gezeitigt hat. Insbesondere, wenn es um politische Beiträge in den sozialen Netzwerken geht, öffnet dieses Gesetz Tür und Tor, um gegen den politischen Gegner durch derartige Beschwerden vorzugehen. Soweit ich das in den sozialen Netzwerken mitbekommen habe, hat es derartige Zwischenfälle bereits gegeben.

Selbstverständlich sind dies hier nur meine persönlichen Eindrücke und Meinungen. Falls jemand weitergehende Informationen zu den von mir in den Raum geworfenen Fragen liefern kann oder sonstwie Anregungen hat, so bitte ich diese im Kommentarbereich zu hinterlassen.

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